Buchrezension ,,Qualitätssicherung in der Zwangseinweisungspraxis"

In dem Beitrag von Coloradio ist das zweite Ereignis in Dresden kurz erwähnt worden: Der Kongress der World Psychiatric Association, also dem Weltverband der Psychiater, zum Thema Zwangsbehandlung vom 6.-8. Juni.
Rechtzeitig zu diesem Kongress legte im Herbst letzten Jahres der Verlag der deutschen Sozialpsychiatrie, der Psychiatrie-Verlag, seinen Beitrag zum Folterregime, der Zwangsbehandlung in den Psychiatrien, vor: "Qualitätssicherung in der Zwangseinweisungspraxis", ist der Titel des Buches, in dem der Autor Norbert R. Krischke auf 256 Seiten die Tatsache feiert, dass sich in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der in psychiatrischen Gefängnisssen internierten Menschen in Deutschland und Europa mehr als verdoppelt hat.
Das schwächste Argument beim Foucault Tribunal 1998, vorgetragen von Georg Bruns, lautete, dass die "Prävalenz" - die Anzahl der psychiatrischen Zwangseinweisungen relativ zur Population - bis zum Faktor 100 in verschiedenen Städten divergiert und demzufolge logischerweise von keiner "Krankheit" gesprochen werden kann, sondern nur von völlig verschiedenen moralisch/politisch begründeten Mißhandlungsformen. Dieses Argument soll nunmehr mit Hilfe des buches und dem Kongress entkräftet werden, indem eben diese Prävalenz durch sogenannte "Qualitätssicherung" der Foltermaßnahmen nivelliert werden soll. Damit wird der Zynismus der Prämisse dieses Ansatzes verstärkt, der darin besteht, dass nicht existierende "psychische Krankheit" zur antropologischen Konstante erklärt wird. Es wird also genauso von einem "ewigen psychisch Kranken" phantasiert, wie die Nazis in ihrer Progadada von einem "ewigen Juden" redeten, um die Entrechtung, Entwürdigung und Mißhandlung dieser damals ebenfalls biologisch determinerten Minderheit zu legitimieren. Immer ist die Prämisse dieser Pychiatrie-Verteidiger das Zwangs- und Gewaltregime, für deren nackte Gewalt neue modischere Legitimationskleider geschneidert werden sollen. Für den Versuch dafür ein "Qualitätssiegel" zu schaffen, erhielt Norbert Krischke vom Werner-Fuß-Zentrum auf der nach oben offenen Krischke-Skala für Zynismus einen Spitzenplatz.


Gesendet am 11.01.2007 im Dissidentenfunk (www.dissidentenfunk.de)

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