Bundestagsdebatte Auschnitt der Rede MdB Bosbach und MdB Knoche

Besonders bemerkenswert war, dass in beinahe allen folgenden Reden betont wurde, dass der aktuelle Wille entscheidend sei, ob eine medizinsiche Behandlung durchgeführt werden dürfe oder unterlassen werden muß. Das hat unser Herz höher schlagen lassen, denn damit haben die Politiker aller Couleur zugestanden, dass die Zwangspsychaitrie nach ihrem Verständnis illegal ist, denn der aktuelle Wille der in einer Psychiatrie eingesperrten Personen ist ja gerade der, nicht eingesperrt zu sein und nicht zwangsbehandelt zu werden. Deshalb folgen eine Reihe von Ausschnitten verschiedener Reden. Wir beginnen mit dem Abgeordneten Bosbach von der CDU.

Der Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen gebietet es, die Abfassung wirksamer Patientenverfügungen für jedermann so leicht wie möglich zu machen.

Dass wir die Schriftform vorschlagen, bedeutet aber nicht, dass man den einmal verfügten Willen nur schriftlich widerrufen kann. Wenn der Patient, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr an seiner Verfügung festhalten will, dann müssen auch eine mündliche Äußerung oder der durch Zeichen oder Gesten erkennbare Lebenswille ausreichend sein, um die vorherige schriftliche Verfügung außer Kraft zu setzen. In einem solchen Fall verdrängt der aktuelle Patientenwille, der immer Vorrang vor vorherigen Festlegungen haben muss, jede frühere Verfügung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus wollen wir sicherstellen, dass der nicht mehr äußerungsfähige Patient bei einem erkennbaren Irrtum bei der Abfassung seiner Verfügung nicht an ihrem Inhalt festgehalten wird. Wenn Grund zur Annahme besteht, dass sich der Patient in der Situation, in der er sich im Moment befindet, anders entschieden hätte, dann darf man ihn nicht an seine frühere Erklärung binden.

Da kann man nur sagen: Schön wär's, Herr Bosbach, wenn Sie das auch meinen würden, was Sie gesagt haben. Da wir allerdings nie ein Sterbenswörtchen von Ihnen gegen die Zwangspsychiatrie gehört haben, können wir nur feststellen, daß Ihre Worte geheuchelt sind und Sie den vorgeblich aktuellen Willen einer Person auf Behandlungsabbruch nur dann gelten lassen wollen, solange kein Arzt behauptet hat, der Wille dieser Person sei gerade krank und unerheblich. Denn das ist ja der Fall, damit in einer psychiatrischen Zwangseinweisung eine Zwangsbehandlung nach ärztlichen Willen durchgeführt werden kann. Das haben Sie, Herr Bosbach, allerdings nie kritisiert.

Noch deutlicher wurde dann Frau Knoche von der Linkspartei, die keine Zweifel mehr daran ließ, wen Sie herablassend paternalistisch, angeblich aus Fürsorglichkeit, mit Zwang und Gewalt mißhandelt sehen will:

Ganz anders denke ich über schwere Demenz, tiefe Depression, schizophrene oder manische Schübe und über Wachkoma. Allesamt sind das schwere Krankheitsbilder, die oft zwingend einer Behandlung in dieser existenziellen Notlage bedürfen. Hier kann das Freiheitssubjekt nicht als Begründung für Behandlungsverzicht greifen. Das möchte ich all den Damen und Herren des Deutschen Juristentages sagen. Die Entscheidung zum Suizid kann nicht als Form von Freiheit und Autonomie qualifiziert werden. Das halte ich nachgerade für unverantwortlich.


Gesendet am 12.04.2007 im Dissidentenfunk (www.dissidentenfunk.de)

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