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Sendung vom 14.07.2005
Sommer-News

01 Intro 02:56
02 (Musik) The Cure: Just Like Heaven ??'??
03 Ambulante Zwangsbehandlung in Bremen endgültig gescheitert 06:33 Audio Text
04 (Musik) Ton Steine Scherben: Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten 03:32
05 (Musik) The Cure: Boys Don't Cry 02:30
06 (Musik) The Stranglers: No More Heroes 03:32
07 (Musik) Metrodiv: Raus aus meinem Kopf 03:13
08 Der Nationale Ethikrat befürwortet Patientenverfügung 03:27 Audio Text
09 (Musik) Nina Hagen: My Way 04:33
10 (Musik) Frank Zappa 02:52
11 Vera Stein gewinnt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 01:25 Audio
12 (Musik) The Turtles: Happy Together 03:00
13 (Musik) The small faces: Itchycoo Park 02:45
14 Abmoderation 02:32
15 (Musik) The Cure 04:08
Ambulante Zwangsbehandlung in Bremen endgültig gescheitert
Länge 06:33
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Nun zur ersten sensationellen Nachricht: die ambulante Zwangsbehandlung ist nun erst mal endgültig vom Tisch und dies ist ein großer Erfolg für die Psychiatrie-Erfahrenen, die lange dagegen gekämpft haben und eine Erleichterung, die verschärfte Bedrohung abgewendet zu haben. Unsere treuen Zuhörerinnen und Zuhörer werden wissen, daß dieses Thema auch im Dissidentenfunk Dauerbrenner war. Dennoch soll hier eine abschließende Zusammenfassung der Entwicklungen gegeben werden und dann die Gesetzeslage und ihre Konsequenzen erläutert werden.

Erst einmal zur Erinnerung: Die ambulante Zwangsbehandlung sollte eine Repressionsmaßnahme werden, mit der psychiatrischer Zwang - über die bisher übliche stationäre gewaltsame Unterbringung hinaus- sogar in den Wohnungen der Betroffenen exekutiert werden sollte. Die gruselige Utopie ihrer Verteidiger war, Menschen über Jahre zuhause mit Psychopharmaka abzuspritzen bzw. wenn die Betroffenen sich nicht freiwillig in einem ambulanten psychiatrischen Behandlungszentrum ihre Depot-Spritze abholen, dann sollten sie durch die Polizei aus ihrer Wohnung geholt und mit Gewalt der Behandlung zugeführt werden.

Obwohl die ambulante Zwangsbehandlung auf Bundesebene über das Betreuungsrecht Anfang dieses Jahres gescheitert ist, indem sie alle Parteien am 4.3.2005 im Bundestag als verfassungswidrig abgelehnt haben, versuchte Bremen sie über ihr PsychKG (Psychisch Kranken Gesetz) auf Länderebene durch die Hintertür einzuführen. Dies hätte dann auch ein Startsignal für die anderen Bundesländer gegeben. Doch nach langen und zähen Protesten von Psychiatrie-Erfahrenen und einigen anderen Gegnern der ambulanten Zwangsbehandlung ist es gelungen, diese auch in Bremen abzuwehren.

Der lange Weg dahin ging über 4 Gesetzesentwürfe seit Ende 2004 - in all denen war die ambulante Zwangsbehandlung enthalten. In den anfänglichen ersten Entwürfen war noch auf den ersten Blick zu erkennen, daß die ambulante Zwangsbehandlung per PsychKG ermöglicht werden sollte. Nach Protesten der Irren - Offensive e.V., der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V., Landesverbänden Psychiatrie-Erfahrener Bremen, NRW und Niedersachsen sowie einem Rechtsgutachten von Thomas Saschenbrecker änderte sich die Rhetorik der Bremer Gesundheitsverwaltung und sie proklamierte öffentlich, keine ambulante Zwangsbehandlung einführen zu wollen. Es wurde versucht, zu tricksen und die Bremer Senatorin für Gesundheit, Röpke (SPD) setzte- entgegen ihrer Behauptungen unter Ausschluß der Bremer Psychiatrie- Erfahrenen- einen vierten Entwurf in die Deputation. Dort wird nur noch durch einen unscheinbaren Verweis auf einen bestehenden Paragraphen, mit dem sonst zu Zwangsbehandlung in der Geschlossenen ermächtigt wird, diese ebenfalls ambulant ermöglicht.

Doch die Psychiatrie- Erfahrenen ließen sich nicht belügen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener protestierte ab dem 2. Mai täglich vor dem Bundesrat in Berlin unter dem Motto "Horror- Bremen plant die ambulante Folter". Gleichzeitig wurde in Bremen protestiert und diskutiert und in Dr. Pollähne, der mit dem Bremer kriminalpolitischen Arbeitskreis öffentlich Stellung bezog und Chefredakteur der Fachzeitschrift "Recht und Psychiatrie" ist, ein Mitstreiter gefunden. Höhe- und Wendepunkt in der Entwicklung war die von der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. gemeinsam mit den am Protest beteiligten vorhin erwähnten Landesverbänden organisierte Veranstaltung im Bürgerhaus Weserterassen in Bremen am 11. Mai 2005.
Wolfgang Grotheer, rechtspolitischer Sprecher der SPD- Fraktion in Bremen, sagte auf der Veranstaltung zu, sich für die Forderungen der Psychiatrie-Erfahrenen einzusetzen. 9 Tage später erhielt die Bundesarbeitsgemeinschaft einen Änderungsantrag der Bremer SPD-Fraktion, der seine Versprechen einlöste.
Es folgte die letzte Etappe im Widerstand gegen ambulanten Zwang: Da in Bremen die große Koalition herrscht, mußte noch die Bremer CDU überzeugt werden. Daher verlegten die Psychiatrie-Erfahrenen ihren Dauerprotest vor die CDU-Zentrale in Berlin.
In Bremen verliefen die Diskussionen auf Hochtouren und die Spannung wurde nochmal stärker...

(Pause)

Auch die Bremer CDU hatte letztendlich ein Einsehen und es entstand ein gemeinsamer Änderungsantrag mit der SPD. Auf dieser Grundlage wurde am 22. Juni 2005 das neue PsychKG (Psychisch Kranken Gesetz) im Bremer Senat verabschiedet.
Der entscheidende Erfolg ist:

Der Verweis auf den Zwangsparagraphen § 22, Absatz 3 ist aus dem Gesetz (im Unterscheid zu den Entwürfen) herausgenommen. Ohne diesen Paragraphen ist Zwang im außerstationären (ambulanten) Bereich juristisch nicht möglich. Des weiteren wird in der Begründung für das Gesetz die Freiwilligkeit unterstrichen.
Durch das Gesetz soll folgende Situation geregelt werden. Der stationäre Aufenthalt bzw. die zwangsweise Unterbringung in einer psychiatrischen Abteilung oder Klinik kann in Bremen vorzeitig ausgesetzt werden. Die betroffene Person soll unter Auflagen, z.B. Einnahme von Psychopharmaka, entlassen werden. Die zuständige Einrichtung, d.h. die psychiatrische Ambulanz, ist dann gesetzlich befugt, die freiwillige Erfüllung der Auflagen zu überwachen. Sie hat aber gleichzeitig keinerlei Handhabe, Zwang anzuwenden. Dies bedeutet, daß es weder möglich sein wird, zwangsweise Psychopharmaka zu spritzen, noch Blutproben ohne Einwilligung zu entnehmen. Die einzige Möglichkeit besteht, über das zuständige Gericht die Aussetzung der stationären Unterbringung zu widerrufen.
Fazit: wenn auch wieder in die Klapse eingesperrt werden kann, ist das Schlimmste abgewendet, nämlich eine gewaltsame Langzeitüberwachung in den eigenen vier Wänden.

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Der Nationale Ethikrat befürwortet Patientenverfügung
Länge 03:27
s.a.: "Patientenverfügung. Ein Instrument der Selbstbestimmung" (Stellungnahme des Nationalen Ethikrats, PDF-Datei 411kB)
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Brief an den Nationalen Ethikrat

Werner-Fuß-Zentrum
Irren-Offensive e.V.
Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg e.V.
Scharnweberstr. 29
10247 Berlin

An alle Mitglieder des Nationalen Ethikrates
Jägerstr. 22/23
10117 Berlin

10. Juni 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Frau Hohmann,

vielen Dank für die Übersendung der zwei Hefte "Stellungnahme Patientenverfügung".

Mit großer Genugtuung haben wir Ihre Stellungnahme zur Patientenverfügung zur Kenntnis genommen, die Sie am 1. Juni veröffentlicht haben.
Wir freuen uns sehr, daß Sie unsere Forderungen, wie wir sie in einem Brief an alle Abgeordneten des Bundestages dargelegt haben (Kopie anbei), in allen wesentlichen Punkten bestätigen. Obwohl wir weiterhin die Mitgliedschaft von Prof. Peter Propping in Ihrem Gremium obszön finden, werden wir in Zukunft den Ethikrat nicht mehr als Ekelrat bezeichnen, da sie einen bemerkenswerten Schritt unternommen haben, dessen Konsequenzen sich uns folgendermaßen darstellen:

1) Es hat einen Deal gegeben: Die Bio-Technokraten dürfen weiterwirtschaften, dafür akzeptiert der biomedizinisch/pharmakologische Komplex das Selbstbestimmungsrecht aller erwachsenen Bürger und gibt damit den inquisitorischen Gewaltteil seiner Macht preis: die Zwangs-Psychiatrie.

2) Die Erfüllung dieses Deals muß jetzt vorgenommen werden: Wenn die Patientenverfügung gesetzlich so verankert wird, wie sie und wir es fordern, dann wird sich jede/r kluge BürgerIn gegen jede psychiatrische Gewaltmaßnahme mit Hilfe einer Patientenverfügung gerichtsfest verwehren können - zumindest solange die Person keine Straftat begangen hat, obwohl selbstverständlich so eine Patientenverfügung auch zur Verhinderung einer forensisch-psychiatrischen Untersuchung gelten muß. Wie sie richtig ausführen, geht es schließlich um die Würde, also mit § 1 GG um das höchste Gut unserer Verfassung.
Damit wird jede/r kluge BürgerIn auch jede uneinverständliche (also Zwangs-) Diagnose verunmöglichen und das entzieht der Psychiatrie die Geschäfts-grundlage, denn wer ist schon so dumm und wird sich als angeblich "Geisteskranker" verleumden lassen wollen.

Also bitte sorgen Sie dafür, daß auch aus Ihrem vornehmen Gremium ein deutlicher Ruf nach Auflösung aller psychiatrischen Kerker und deren Folterregime, der Zwangsbehandlung, erschallt. Diese haben sowieso ausgedient, denn ihre Legitimationsfratze ist ihnen vom Gesicht gerissen, da es keine "psychische Krankheit" geben kann, wenn man sich per Willenserklärung "Patientenverfügung" daraus hinausoptieren kann - das notwendige Objektivitätskriterium für alles, was "Krankheit" zu nennen ist, ist verloren gegangen. Durch diesen Verlust der Legitimationsfratze steht die Zwangspsychiatrie endlich als das da, auf was sie sich schon immer reduzierte:
eine schwere fortgesetzte Menschenrechtsverletzung.

3) Ob das Kalkül der biotechnokratischen Nomenklatur aufgehen wird, mag dahingestellt sein. Wir bezweifeln, daß sich der biomedizisch/pharmakologische Komplex nach einem Verlust seiner gewaltförmigen Macht ehrlich verkaufen wird können, sondern freuen uns auf die Zeit, wenn die medizinische Ideologie angesichts ihrer Bilanz insgesamt zerfällt: Der Schuld für die schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, den systematischen Gaskammer-Genozid in Europa.

Wir würden uns über individuelle oder eine kollektive Antwort von Ihnen freuen!

Mit freundlichen Grüßen

(Für die Vorstände der beiden Vereine: René Talbot und Uwe Pankow)

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Vera Stein gewinnt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Länge 01:25
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